Breitkomplextachykardie – VT or not?

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Wenn über das Monitor-EKG eine Breitkammerkomplextachykardie flimmert, steigt auch der Puls des Notfallteams… der Rhythmus kann eine bedrohliche ventrikuläre Tachy mit Puls bedeuten, kann ohne Puls als Reanimationssituation auftreten oder einfach eine beinahe „entspannte“ supraventrikuläre Tachykardie mit Schenkelblock zeigen. Doch – wie differenziert man diese hässlichen Tachykardien schnell und effektiv?
Wir haben dieses spannende Thema mit Dr. Klaus Fessele besprochen.

Details zur Therapie von Breitkomplextachykardien folgen im Video Nr. 2 und die teils abgefahrenen unregelmäßigen Breitkomplextachykardien besprechen wir im dritten Video der Serie.

ERC-Tachykardie-Algorithmus:

1.) QRS Breite? breit = ab 120ms (3 kleine Kästchen bei 25mm / 6 kleine Kästchen bei 50mm)

2.) Regelmäßig?

  • QRS Breit + regelmäßig
  • QRS Breit + unregelmäßig
  • QRS Schmal + regelmäßig
  • QRS Schmal + unregelmäßig

Differentialdiagnosen

Breitkammerkomplextachykardien sind meistens ventrikuläre Tachykardien = akut bedrohlich!

Differentialdiagnosen: Supraventrikuläre Tachykardien mit bekanntem oder funktionellem Schenkelblock („Ermüdungsblock“)

  • Vorhofflattern
  • Reentry-Tachykardie (bsp. AVNRT, AVRT)
  • Ektope atriale Tachykardie

Klinisches Vorgehen – der „Nerdfallmedizin-Algorithmus“

„Nerdfallmedizin-Algorithmus“ bei Breitkammerkomplextachykardie ohne Therapie

1. Stabil / instabil?

Instabil = Strom (sofortige Kardioversion / Defibrillation)

Stabil = 12-Kanal-EKG schreiben

2. Stabil – Klinische Wahrscheinlichkeit?

Hinweis / positiver Anamnese (Tipp: Mediplan checken!) auf:

  • KHK (Z.n. Herzinfarkt, Stents…)
  • Herzinsuffizienz („Herzinsuffizienz-Medikamente“?)
  • Strukturelle Herzerkrankunge

-> Wenn eine der Fragen mit „Ja“ beantwortet wird: Nochmals deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für VT!

3. STABIL – EKG-Hinweise für VT

Es gibt mehrere Algorithmen, zum Beispiel Brugada (Link MdCalc) oder Vereckei (Link zum Überblicks-Artikel von ecgpedia). Dabei problematisch: Die Algorithmen sind für die Realität von Notfallsituationen nur eingeschränkt nutzbar.

Hässlich breit?

Beispiel-EKG mit sehr breiten Komplexen. Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

aVR initial positives R?

Initial positives R bei VT. Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

Achtung: Nicht verwechseln mit V.a. trizyklika-Intoxikation (Q, dann erst positives R)!

Zuerst Q, dann pos. R bei TCA-Intoxikation. Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

AV-Dissoziation / Capture-Beat / Fusion-Beat?

AV-Dissoziation. Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

Capture-Beat = „entkommener“ normaler supraventrikulärer Schlag
Fusion-Beat = „entkommener“ normaler supraventikulärer Schlag, der mit einem ventrikulären Schlag zusammenfällt („fusioniert“)

Positive oder negative Konkordanz in den Brustwandableitungen

„Alle positiv? Alle negativ?“

Positive Konkordanz – Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

Negative Konkordanz – Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

Q in V6?

Q in V6 – Quelle: Lifeinthefastlane ECG library

Quellen / Hinweise:

Mehr Nerdfallmedizin-Videos zu EKGs und Herz mit Klaus:

Noch mehr Nerdfall-Videos zum Thema EKG:

Extrem viele geniale EKGs und viel viel Input gibt’s auf Lifeinthefastlane (litfl.com) mit einer tollen EKG-Bibliothek.

Immer wieder spannende und abgefahrene EKGs – Dr. Smith’s ECG Blog

Guter Überblick „Approach to the Wide Complex Tachycardia“ und vieles mehr bei ecgpedia.

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Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

9 Kommentare zu „Breitkomplextachykardie – VT or not?“

  1. Danke für euren wieder einmal tollen Beitrag!
    Wie kann ich denn eindeutig wo die isoelektrische Linie erkennen? Z.b. bei eurer Abbildung mit der Q Zacke in V6 wüsste ich überhaupt nicht wie ich darauf komme wo da eine Q-Zacke ist. Oder eine initial positive R-Zacke in aVR erkenne ich ja auch nur, wenn ich weiß wo die isoelektrische Linie überhaupt ist und je schneller die Frequenz, desto weniger bis garnicht erkenne ich eine isoelektrische Linie. Je nachdem wo ich dann die isoelektrische Linie annehme/vermute, habe ich eine negative oder positive Zacke.

    Bei dem Artikel von Moccetti, den ich ebenfalls sehr gut finde, habe ich ein ähnliches Problem. Zum Ausmessen brauche ich ja den Beginn des QRS-Komplexes, aber wie kann ich den eindutig erkennen? Bei den meisten EKG-Bilder geht das, aber bei einer Aneinanderreihung von nur regelmäßigen Zacken schaffe ich das leider nicht.
    Oder habe ich da einen Denkfehler? Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir dabei etwas helfen könntet oder einen Tipp hättet.
    Vielen lieben Dank

    1. Hi Martin,
      ich habe das gleich an unseren Experten Klaus weitergegeben – hier ist seine Antwort!

      Hello,
      da hast du Recht, manchmal ist das ziemlich schwer. Meistens hilft es, über alle verfügbare Ableitungen eine Linie durch den QRS Beginn und das Ende zu ziehen, um in der Ableitung, die einen interessiert die Isoelektische Linie zu finden oder die R wave peak time auszumessen. Du hast recht, je schneller die Breitkammerkomplextachykardie ist, umso schwieriger wird es und umso unzuverlässiger werden auch übrigens manche Kriterien wie aVR. Umso wichtiger ist es einen Plan zu haben, der die klinische Wahrscheinlichkeit mit eingezieht und im Zweifel lieber vom schlimmeren, d.h. der VT auszugehen, die Arrythmie zu dokumentieren (12 Kanal) , dann mit Strom zu behandeln (evtl. Versuch mit Amio vorher) und die Feindiagnostik dann den Experten im KH zu überlassen, die über manchen EKGs dann auch ganz schön lange brüten…

      Liebe Grüße
      Klaus

      1. Vielen Dank für eure Antwort!
        Es beruhigt mich doch sehr, dass es insgesamt auch für Experten nicht immer einfach ist und ich keinen Denkfehler eingebaut habe ode rgänzlich zu blöd bin. Man muss wahrscheinlich immer üben, üben, üben.
        Vielen Dank für eure Hilfen…ich übe weiter. Lg

  2. Hallo und danke für eure tollen Artikel/Videos.
    Ich hätte allerdings eine doofe Frage. Die EKG-Bilder auf dieser Seite sind mit einem Vorschub von 25 mm/s geschrieben worden. Demnach wäre die HF über 150/R-R-Abstand zu berechnen. Also 150/2 große Kästchen. Dann liegen wir aber bei einer Frequenz von 75/Min. und das wäre doch selbst für eine Slow-VT zu langsam. Ist die Kennzeichnung 25mm/s in dem einen Bild insofern falsch? Oder habe ich einen groben Gedankenfehler? Eine Frequenz von 150/Min. unter 50mm/s Vorschub würde demnach mehr Sinn ergeben, richtig?

      1. Oh man, was für ein Anfängerfehler… Amboss hatte mich verwirrt. Dort hieß es „150/R-R-Abstand“, aber „in cm“(!).
        Das hatte ich wohl überlesen.
        Danke, dass du trotzdem geantwortet hast.

  3. Super Beitrag! Aber könntet ihr eventuell in allen EKG Bildern jeweils das wichtigste markieren ähnlich wie mit den P-Wellen? (zB die Q-Zacke in v6)
    Ich bin mir ziemlich sicher, dass die nicht so EKG-affinen Kollegen schon Probleme haben, da überhaupt irgendwie die Komplexe auseinander zu halten.

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