Nichtinvasive Beatmung (NIV) – ganz neu und 2019

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Die nichtinvasive Beatmung (NIV) kann bei akuter respiratorischer Insuffizienz lebensrettend sein! Im Notfall braucht es einfache und klare Konzepte, wie man optimal NIVt und welche Einstellungen man konkret wählt. Im neuen Video widmen wir uns der NIV – mit noch mehr Tipps, Tricks und Vorschlägen für Einstellung der Beatmungsparameter.

Dieses Video ist die neue Version zum allerersten Nerdfallmedizin-Video von 2017.

Die nichtinasive Beatmung unterstützt eine vorhandene Eigenatmung des Patienten. Auf allen NEFs und Notaufnahmen (hoffentlich) verfügbar; angewandt via dichtsitzender Maske (alterantiv: Full-Face-Maske oder NIV-Helm) und modernem Beatmungsgerät.

Drei wichtige Einstellungensmöglichkeiten der NIV:

PEEP (positive endexspiratory pressure = positiver endexspiratorischer Druck). Manchmal wird NIV ohne aktive Druckunterstützung und mit „nur“ PEEP + FiO2 auch als „CPAP“ bezeichnet.
Der niedrigstmögliche Druck im Atemwegssystem. Verhindert durch erhöhten Druck den Kollaps von Alveolen, „Schienung der Atemwege“, kann Atelektasen öffnen erhöht außerdem den intrathorakalen Druck – arbeitet also gegen den venösen Rückstau (bsp. beim hyper- und normotensiven Lungenödem.

PS (pressure support = Druckunterstützung). Viele Namen, je nach Hersteller: Z.B.: ASB, Psup, Psupport, IPAP, Pinsp.
Reagiert auf den (von der Beatmungsmaschine erkannten) Atemhub des Patienten und verabreicht einen Unterstützungsdruck. Erleichtert die Einatmung und hilft vor allem bei muskulärer Erschöpfung.
ACHTUNG: Meist wird hier der Druck additiv zum PEEP angegeben (bsp. bei PEEP 5 mbar und PS 6 mbar beträgt der Spitzendruck insgesamt (additiv) 11 mbar. Manche Maschinen nutzen aber absolute Zahlen. D.h. die Differenz zwischen PS und PEEP ist der zusätzlich Unterstützungsdruck. Bei PEEP 5 mbar und PS 6 mbar wäre dann die Druckunterstützung nur 1 mbar (6-5). Deshalb: Kenne deine Geräte!!

FiO2 (Sauerstoffkonzentration), je nach Gerät von 21% (Umgebungsluft) bis 100% (reiner Sauerstoff). Alternativ auch 0.21-1.0 (1.0 entspricht 100%, 0,21 = 21%). Manche (vor allem etwas ältere) Geräte bieten auch „nur“ eine Variante „air mix / no air mix“ an – da entspricht „no air mix“ meist 100% Sauerstoff, der „air mix“ entsprecht einer Mischung von Sauerstoff und Umgebungsluft je nach Gerät, z.B. 40% Sauerstoff.

Nichtinvasive Beatmung – Vorgehen

Wir schlagen bei der nichtinvasiven Beatmung ein Drei-Punkte-Vorgehen vor: 1.) Indikation 2.) Patient 3.) Einstellung.

Vorschlag eines Schemas „NIV“ via Nerdfallmedizin

1.) Indikation

Indikationen:

„Respiratorische Insuffizienz“ bei erhaltener Spontanatmung. Grobe Unterteilung in:

  • Oxygenierungsproblem“ = Hypoxie (z.B. Pneumonie, Lungenödem)
  • Ventilationsproblem“ = Hyperkapnie (z.B. COPD, Asthma), ggf. auch muskuläre Erschöpfung bei Muskelerkrankungen etc.
  • Präoxygenierung, evtl. „DSI“ (Delayed Sequence Intubation) – Sonderindikation
  • Palliative NIV – Sonderindikation

Kontraindikationen (Auszug):

  • Apnoe (Atemstillstand), inadäquat niedrige Atemfrequenz
  • „Unsicherer Atemweg“
    • Erloschene Schutzreflexe / schwere Bewusstsseinsstörung *
    • Obere GI-Blutung bzw. (relevante) Blutung aus dem Nasen/Rachenraum
    • Erbrechen bzw. generell Risiko der Aspiration (z.B. auch bei Ileus)
    • Schwere Gesichtsschädelverletzung
  • Pneumothorax (undrainiert)

*Sonderindikation Hyperkapnie bei bek. COPD

2. Patient

Vor Anlage der Maske mit dem Patienten sprechen, informieren und (einfühlsam) begleiten – dann ist auch oft keine Sedierung nötig. Maske zunächst mit der Hand halten, erst später die Fixierungen dranmachen.

Falls Sedierung nötig: Niedrigdosiertes Benzodiazepin (z.B. 1-2mg Midazolam i.v.) oder Morphin (z.B. 2-3mg Morphin i.v.). Achtung vor opiatinduzierter Übelkeit / Erbrechen oder Minderung des Atemantriebs bei (zu) tiefer Sedierung.

3. Problem

Oxygenierungsproblem:

PEEP: 5 mbar
PS: 3 mbar
FiO2: 100%

Schrittweise Erhöhung PEEP (1-2 mbar jede Minute wenn toleriert) bzw. Anpassung nach Klinik.

Ventilationsproblem:

PEEP: 4 mbar
PS: 8 mbar
FiO2: 50-100% (bei Hypoxie: 100%!)

Schrittweise Anpassung der Druckunterstützung an Patientenkomfort. Bei V.a. „Airtrapping“ kann ggf. auch eine PEEP-Steigerung nötig werden.

„Unklare 4:00-Uhr-Früh-NIV“ = „5-5-100“

PEEP: 5 mbar
PS: 5 mbar
FiO2: 100%

Dann Anpassung nach Klinik (bsp. Patientenäußerung, Atemfrequenz, Herzfrequenz sowie BGA).

Diese Einstellungen können auch bei der „Delayed Sequence Intubation“ oder bei palliativen Situationen helfen – mit individueller Anpassung.

Mehr Infos zur Delayed Sequence Intubation auf EMCRIT.

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Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

17 Kommentare zu „Nichtinvasive Beatmung (NIV) – ganz neu und 2019“

  1. hi, könnt ihr nochmal kurz erklären warum ein Peep auch bei Ventilationsstörung (zb COPD) bei der NIV Therapie wichtig ist?
    LG Anna

    1. Hi Anna,
      ein gewisser PEEP hilft dabei, die Lunge „offen“ zu halten, damit die Lunge nicht bei jedem Atemzug kollabiert und erleichert so die Atembemühungen. Hier gibt es ein Video wo PEEP mit einer echten Lunge gut demonstriert wird: https://www.youtube.com/watch?v=4IA_EEIk8Xs

      Außerdem kann durch einen individuell angepassten PEEP auch das „Air Trapping“ verhindert/vermindert werden (Kollaps luftgefüllter Areale), wobei das vor allem in der längeren, invasiven Beatmung bei obstruktiven Erkrankungen besonders relevant ist.

  2. wie ist das eigentlich bei Hyperventilation bzw. Tachypnoe seitens der Pat.?
    Pat. mit fulminanten Lungenödem, man will CPAP einsetzen und selbst unter CPAP geht es nicht runter und sie atmet mit 30 AF mit dem Gerät. Sättigung von 55 % auf 88 % gesteigert aber Pat. natürlich maximal respiratorisch erschöpft (auch mit Morphingabe) könnt ihr dazu Tipps geben wenn man eine Intubation vermeiden will.

    1. Hallo,
      eine massive Tachypnoe mit gleichzeitiger Hypoxie spricht für eine kritische respiratorische Situation. Es könnte schon sein, dass hier eine Intubation nicht zu vermeiden ist. Ist natürlich kaum aus der Distanz einzuschätzen, ohne den Fall selbst zu erleben, Pat. und Vitalwerte und natürlich Vorgeschichte und Ursache für das Lungenödem zu kennen.
      Mit Erhöhung des PEEP kann manchmal über einige Minuten eine zunehmende respiratorische Verbesserung (und rückläufiges Lungenödem) erreicht werden und sich die Situation bessern. Bei hypertensivem Lungenödem kann PEEP und Blutdrucksenkung helfen. Bei Notfallguru gibt’s einen Überblick zum Lungenödem und verschiedenen Optionen: https://www.notfallguru.de/leitsymptome/leitsymptome-thorax/dyspnoe#herzinsuff

      ACHTUNG: Morphin-Gabe kann gerade hier wirklich gefährlich sein, da es einen (potentiell notwendigen) respiratorischen „Drive“ reduziert und so zu einer rapiden Verschlechterung führen kann!

  3. Vielen Dank für die super praktische Zusammenfassung. Eine kleine Frage, wann wäre, bei akute Notwendigkeit der NIV Beatmung, der beste Zeitpunkt für die Inhalationstherapie? Z.b. bei COPD.

    1. Hallo Carmen,
      das ist eine wirklich gute Frage. In der Präklinik würde ich abwägen: Brauche ich die NIV sofort, oder haben wir (z.B. beim Vorbereiten des Beatmungsgerätes etc.) Zeit für Inhalation? Dann Inhalation vorab.
      In der Klinik haben wir manchmal ein T-Stück mit Vernebler-Funktion, um während der NIV parallel zu vernebeln.

      Bei akuter, kritischer respiratorischer Insuffizienz würde ich aber primär die NIV beginnen. Vielleicht kann man dann nach etwas Stabilisierung eine kurze NIV-Pause mit Inhalation versuchen.

    1. Bei DM1, DM2 und DMD Patienten darf auf keinen Fall eine Sedierung oder Schmerzmitteltherapie mit Opioiden erfolgen – Lebensgefahr!!!

  4. Wer liebt sie nicht, die „Unklare 4:00-Uhr-Früh-NIV“ 😅

    Super Artikel- kompakt und gut auf der Couch zu lesen. Herzlichen Dank!

      1. Im Video sollte das (hoffentlich) ganz gut rüberkommen. Es gibt Situationen (bildlich gesprochen „4 Uhr Früh“) in denen wir eine NIV sehr schnell und ohne viele Vorinformationen beginnen müssen. Dazu gibt es kaum zielführende Vorgaben der Einstellungen am Beatmungsgerät – und wir haben einen Vorschlag für eben diese Einstellungen gemacht.

      2. Wenn man nachts ein Einsatz hat und nicht sofort blickt was man einstellen muss , also im Zweifel 5:5:100

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