Update 2023: Kompakte Informationen zur Reanimation, Checklisten, Tipps, ständig aktualisierte Quellen und vieles mehr gibt es jetzt kostenlos auf notfallguru.de!
Nach einer ersten Phase mit „Drafts“, die zu öffentlichem Kommentar aufgerufen hatten, sind nun die finalen Leitlinien kostenlos online zugänglich. (Die American Heart Association hat bereits im Vorjahr neue Leitlinien veröffentlicht – zur Zusammenfassung der AHA-Guidelines geht es hier).
Hier ein Überblick über die wichtigsten Änderungen 2021 (und die wichtigsten Punkte, die gleich geblieben sind), hier fokussiert auf klinisch-praktische Aspekte:
Kurzzusammenfassung der aus unserer Sicht wichtigsten Änderungen:
Erwachsene:
Gleichwertigkeit von Amiodaron und Lidocain bei VT/VF (CPR)
iv-Zugang gegenüber io-Zugang bevorzugt
Abschwächung der Rolle von Ultraschall – „nur für Erfahrene“ (wegen potentiellen Pausen), max. 5 Sekunden!
leicht modifizierter Tachykardie-Algorithmus (Update: die initialen Änderungen wurden nach Veröffentlichung etwas abgeschwächt)
Modifizierter Algorithmus für traumatischen Arrest (inkl. Gerinnungstherapie)
Angepasster Algorithmus für Hyperkaliämie
Kinder:
Angepasste Beatmungsfrequenz (früher 10/min) nach Alter
Kinder-Algorithmus (15:2) gilt für alle Kinder, die den Kreißsaal verlassen haben (von wenigen Stunden Alter bis zu Pubertät)
Generell: Transportziel bei OHCA (prähospitalem Arrest) sollte ein Klinikum mit Erfahrung und 24h (!) Verfügbarkeit von (hochqualifizierter) Intensivmedizin inkl. Temperaturmanagement, Herzkatheter und Neuro-Diagnostik (CT) sein = Cardiac Arrest Center (bzw. Maximalversorger).
Es folgen in etwas mehr Detail die wichtigsten Änderungen und Kommentare:
Zugang primär intravenös, wenn nicht (zeitnah) möglich: Intraossär.
Kein Beweis, dass „double sequence defibrillation“ Vorteile bringt
Ultraschall soll nicht Prognose-Tool benutzt werden (jedoch kann/soll Ultraschall für Ein/Ausschluss von reversiblen Ursachen genutzt werden)
AHA ACLS Algorithmus für Erwachsene, Quelle: Circulation. 2020;142(suppl 2):S366–S468. DOI: 10.1161/CIR.0000000000000916 (bzw. deutsche Übersetzung Zusammenfassung Leitlinien für CPR AHA)
Beendigung Reanimation (prähospital):
Wenn alle Bedingungen erfüllt, Beendigung der Reanimation erwägen:
Nicht-beobachteter Arrest
Keine Laienreanimation
Kein ROSC (vor Transportbeginn)
Kein Defi-Schock / kein schockbarer Rhythmus (vor Transportbeginn)
Neuer Algorithmus für Schwangere mit Fokus auf:
Hochqualitative Reanimation, zusätzlich:
Auf manuelle linkslaterale Uterusverlagerung achten (siehe Bild)
Patientinnen mit Fundusstand Höhe Bauchnabel oder höher: Mit Beginn der Reanimation sofort Peri-Arrest Section planen, sollte binnen 5 Minuten (!) ab Arrest durchgeführt werden wenn Kompetenz / Kapazität vorhanden
AHA manuelle linkslaterale Verlagerung des Uterus während Reanimation. Quelle: Circulation. 2020;142(suppl 2):S366–S468. DOI: 10.1161/CIR.0000000000000916
Ursachen für Kreislaufstillstand bei Schwangeren – „ABCDEFFG“:
Anästhesie-Komplikationen
Blutung
Cardiovaskulär
Drugs (Medikamente)
Embolie
Fieber (Sepsis)
Generell nicht-schwangerschaftsassoziierte Ursachen (Hs und Ts)
Hypertension
Neuer Algorithmus bei Opioidintoxikation:
(besonders relevant für die USA)
Laien-Algorithmus:
Verdacht auf Opioid-Inoxikation? -> Hilfe holen, AED und Naloxon holen.
Myoklonien (hier EEG zum Ausschluss cerebraler Korrelate)
EEG mit Burst Suppression
Abwesende SSEP (bereits 24h nach ROSC)
Optimaler Prognosezeitraum: 5 Tage nach ROSC (bei TTM) = 72h nach Wieder-Erreichen von Normothermie
AHA Schema für neurologische Prognostik nach ROSC, Quelle: Circulation. 2020;142(suppl 2):S366–S468. DOI: 10.1161/CIR.0000000000000916 (bzw. deutsche Übersetzung Zusammenfassung Leitlinien für CPR AHA)
Kinder:
Reanimation:
Sobald Intubation oder supraglottischer Atemweg: Beatmungsfrequenz 20-30 / Minute (Neu! Höher als vorherige Leitlinie) – diese neue Beatmungsfrequenz gilt auch für Kinder mit Atemstillstand und Puls
Weiterhin 15:2 Kompression zu Beatmung (100-120 Kompressionen / Minute)
Fokus auf Adrenalin frühestmöglich bei nicht-schockbaren Rhythmen
weiterhin: Erster Schock 2J/kg, zweiter und folgende Schocks: 4J/kg
Amiodaron (5mg/kg) oder Lidocain (1mg/kg) gleichwertig
Prähospital: Masken-Beutel-Beatmung gleichwertig zu Intubation
Wenn Intubation: Tuben mit Cuff empfohlen
Wenn Arterie etabliert: Zielgröße diastolischer Blutdruck (Unklarheit über genaue Werte, z.B. >25mmHg bei <1 Jahr; >30mmHg bei >1Jahr)
Tachykardie-Algorithmus bei Kindern mit vorhandenem Puls überarbeitet: Initiales Prüfen von Puls, Atemweg -> dann Instabilitätskriterien -> dann Unterscheidung breite / schmale Rhythmen und deren Therapie
Instabil und Breiter QRS: Strom
Instabil und Schmaler QRS: Adenosin (wenn nicht effektiv:) Strom
Stabil und Breiter QRS: Adenosin / „Experten“
Stabil und Schmaler QRS: Vagale Manöver – Adenosin
AHA Pädiatrischer Tachykardie-Algorithmus, Quelle: Circulation. 2020;142(suppl 2):S366–S468. DOI: 10.1161/CIR.0000000000000916 (bzw. deutsche Übersetzung Zusammenfassung Leitlinien für CPR AHA)
Post-ROSC-Management
TTM
Normoxämie
Normokapnie
+ Neue „Post ROSC Checkliste“
AHA Pädiatrische Post-ROSC Checkliste. Quelle: Circulation. 2020;142(suppl 2):S366–S468. DOI: 10.1161/CIR.0000000000000916 (bzw. deutsche Übersetzung Zusammenfassung Leitlinien für CPR AHA)
Andere Notfälle:
Septischer Schock bei Kindern:
Neue Volumen-Empfehlung 10ml/kg, regelmäßiges Reassessment (Volumenresponse, Volumenüberladung)
Neugeborenen-Reanimation:
Wenn Neugeborenes stabil, frühzeitig Haut-Haut Kontakt mit Mutter EKG als bester Indikation für Herzfrequenz (und Reaktion auf Therapie)Pulsoxymetrie als Monitoring für etwaige Sauerstofftherapie (und ggf. Titration)
Kompression/Beatmung unverändert 3:1:
90/min Herzdruckmassagen
30/min Beatmungen
Wenn nach 20 Minuten keine Reaktion auf Reanimation; Beendigung der Reanimation diskutieren.
Systematische Empfehlungen:
Einfaches Schema für Notrufzentralen / Leitstellen: „No-No-Go“
Reagiert der Patient? -> Nein?
Atmet der Patient normal? -> Nein?
-> GO! Reanimationsinstruktionen!
Debriefing nach Reanimationen durchführen
möglichst unterstützt mit objektiven Daten-Auswertungen (von Defibrillatoren, Monitoren)
Neue ERC Leitlinien 2020 – „öffentliche Diskussion“:
Das war unser Eindruck der neuen AHA 2020 Guidelines. Was meint ihr? Habt ihr noch spannende Punkte gefunden? Welche Unterschiede zu den „noch zu diskutierenden ERC Leitlinien“ von 2020 habt ihr aufgetan? Wir sind gespannt auf eure Beiträge und freuen uns über alle Ergänzungen.
Lange wurde über den Nutzen von Tranexamsäure (TXA) bei (instabilen) Patienten mit GI-Blutung diskutiert. Auch wir konnten dem Hype um dieses Medikament bei der GI-Blutung nicht ganz widerstehen, denn die Datenlage war zwar sehr schwach aber Sinn machte das Ganze.
Diese Woche gibt es mal ein EKG-Beispiel einer Patientin, der sich mit Abgeschlagenheit und thorakalen Beschwerden vorgestellt hat..
Die Überschrift lässt es schon erahnen… hier geht es um eine mögliche Ursache abseits von Ischämie für ST-Hebungen, die Perikarditis.
EKG mit konkaven ST-Hebungen V2-6 sowie I,II, zudem PQ Senkungen II, III, aVF, V3-6 sowie angedeutetem Spodick Zeichen in V3-5Weiterlesen „Perikarditis im EKG erkennen“
Die prähospitale Notfallthorakotomie (PERT) wurde von uns in der Vergangenheit immer wieder thematisiert. Dieses maximalinvasive Verfahren ist ebenso umstritten wie potentiell (bei der richtigen Indikation) lebensrettend.
Janosch Dahmen hat mit einigen Experten eine sehr gute Zusammenfassung über die vorliegenden Daten zur Notfallthorakotomie veröffentlicht.
Wir finden die vorgestellten Fakten extrem spannend und freuen uns insbesondere, dass der Artikel „open Access“ verfügbar ist.
Bei einer beschriebenen Überlebenswahrscheinlichkeit von ca. 12% bei gutem neurologischen Outcome scheint eine weitere Verbreitung der Maßnahme in Deutschland unbedingt notwendig.
Hält doppelt wirklich besser? Zumindest beim Schock bei refraktärem Kammerflimmern scheint das so zu sein…
Bisher war die Studienlage zur doppelten Schockabgabe ja eher mau, nun zeigt eine Studie ganz gute Ergebnisse für diese Strategie.
Sicherlich ist es sinnvoll, sich einen Plan B bei refraktärem Kammerflimmern zu überlegen. Eine Option mag die doppelte Schockabgabe sein, auch diskutiert werden kurzwirksame Betablocker. Auch ein Versuch mit Lidocain kann erfolgsversprechend sein.
Wie ihr die doppelte Schockabgabe durchführt wird im Link toll beschrieben.
Wir sind gespannt, was in den neuen Guidelines erwähnt wird…
Morgen könnt ihr uns live über YouTube folgen, wenn wir auf dem DINK über die Tools der Titanen sprechen, EKGs diskutieren und über Weiterbildung nachdenken.
Schaut morgen früh mal auf unserer Website vorbei!!!
Welcher Atemweg bei Intubation? Nachdem wir in der letzten Woche über den besten Medikamentenzugang gesprochen haben, möchten wir uns in dieser Woche an das heiße Eisen „Atemwegssicherung/Beatmung“ bei der Reanimation wagen.
Muss jeder reanimationspflichtige Patient primär intubiert werden? NEIN!
Darf jeder reanimationspflichtige Patient ausschließlich mit Beutel/Maske beatmet werden?
Wir wollen euch zu dieser Thematik unsere Sicht schildern – ganz subjektiv..
Die Notfallmedizin wandelt sich rasant – es gibt jedes Jahr zahlreiche neue Studien, Ergebnisse und Entwicklungen.
Zum Glück gibt es auch zahlreiche Blogs, die neue Ergebnisse praxisnah und kompakt aufbereiten – besonders hervorzuheben ist hier für den deutschsprachigen Raum das Team von News-Papers.eu.
Im englischen Sprachraum gibt es auch einige geniale Websites, zum Beispiel das bekannte St.Emlyns aus Großbritannien. Und die haben für das Jahr 2019 eine frei zugängliche Zusammenfassung der spannendsten Paper, Studien und Diskussionen auf ihrer Website veröffentlicht. Dazu zählen so interessante Diskussionen wie „Rocuronium oder Succinylcholin?“ „Intranasales Fentanyl vs Ketamin“ „Zwischenbeatmung bei RSI“ „Traumatischer Herzstillstand“ und vieles mehr.
Perfekter Lesestoff für ein paar graue Spätwintertage! 🙂
Die Notfallmedizin hat eine seltsame Sache an sich: Sie ist immer dann aufregend, herausfordernd und voller „cooler“ Interventionen, wenn ein Mensch sehr krank ist.
Das ist eigentlich etwas verrückt, wenn man mal ernsthaft darüber nachdenkt – aber jeder, der ehrlich ist weiß, dass man manchmal nur darauf wartet, dass wieder ein „richtig krasser Einsatz kommt“
Gleichzeitig hat die Notfallmedizin viele Unsicherheiten, wir haben oft wenige Informationen und müssten schnelle und oft drastische Entscheidungen treffen. Vor jeder invasiven Intervention haben wir die Frage im Hinterkopf: „Was, wenn ich falsch liege – wenn mein Eingriff unnötig ist und dem Patienten schadet oder schiefgeht?“
Ein extrem beliebtes Nerdfallmedizin-Video Ende 2018 behandelte die RSI-Schablone.
Einige engagierte Kollegen aus dem Rettungsdienst hatten die wichtigsten Utensilien für die Notfallintubation auf einer abwaschbaren Plane eingezeichnet um so die Vorbereitung und den Ablauf dieser kritischen Prozedur zu optimieren.
Wir erhielten dazu viele Anfragen, die RSI-Schablone in dieser – oder selbst abgewandelter – Form ist mittlerweile im ganzen Bundesgebiet von RTWs über NEFs und sogar Notaufnahmen und Intensivstationen verteilt.
Jetzt gibt es ein Update – die RSI Schablone 1.1 – es wurde nochmal anpasst und aus praktischen Erfahrungen weiter optimiert!
So ist die Checkliste am Rand verbessert, die vielfach gewünschte Option „Videolaryngoskopie“ und der Cuffdruckmesser sind neu zu finden – außerdem der „Plan C“.
Auch nicht minder genial sind die RSI-Checklisten und Aufziehhilfe für Narkosemedikation – um Fehler beim Ablauf und bei der Verdünnung verschiedener Medikamente zu verhindern.
Da wir einige Anfragen erhalten haben, wo man die fertige Schablone für den täglichen Einsatz bekommt, freuen wir uns, dass die RSI Schablone und die Checkliste sowie Aufziehhilfe nun direkt bei den KollegInnen bestellt werden kann:
RSI Schablone (desinfizierbares, faltbares Bannermaterial) – 59,5cm x 57cm (Ablagefläche Bayern-RTW; kann aber auch gut gefaltet im Notfallrucksack transportiert werden)
Checkliste und Aufziehhilfe (desinfizierbar, stabiles Plastik) – A5. (alles jeweils zzgl Versandkosten, falls Versand gewünscht)
Disclaimer: Da es sich um ein Produkt handelt, das verkauft wird, könnte dieser Post formaljuristisch Werbung sein – ABER weder Nerdfallmedizin noch Martin oder Philipp haben eine Beteiligung bei den Verkäufen und bekommen auch keine Gegenleistungen für diesen Post. Wir finden die Schablone aber einfach fantastisch und werden uns selbst je eine bestellen! Angaben zu Preisen OHNE Gewähr.